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Haben Sie Ahnung von Vögeln?

Von um fünf in der Früh bis zum Mittag halb zwölf war ich unterwegs auf der Insel! DAS ist die „Spielkind-Leichtigkeit“, die ich auf Hiddensee so liebe! Einfach am fast menschenleeren Sonnenstrand die Kleidung ausziehen und nackt im warmen Sand schlafen während in meiner quasi unbeaufsichtigten Tasche 300 Euro in Geldscheinen liegen, zusammen mit vielen losen, zum Teil vollgeschriebenen Zetteln und Stiften. Ich habe alles, was ich brauche! Vor allem habe ich meine wiedergewonnenen kindliche Sicherheit in mir….Ursprünglich wollte ich, da ich schon mal wach war, einfach nach Vitte fahren, bevor all die lauten Tagesgäste sich dort tummeln, um das Geld für die Vermieterin in der Sparkasse abzuheben. Doch dann gefiel mir der windstille, schon recht warme, Morgen so gut, dass ich am Bodden weiterfuhr nach Kloster und schließlich bis zum Enddorn.

Unterwegs hörte ich die Frösche so herrlich in ihren Tümpeln quaken. Und den Kuckuck, den ich schon lange nicht mehr gehört habe. Sprosser und Lerchen sangen mir ins Ohr. Der Weißdorn stand in mächtigen Büschen so wunderschön füllig auf den Wiesen. Vom Dornbusch oben leuchtete das Ginster-Hochland. Während ich zur linken nach den Schafen und Pferden schaute, standen rechts neben meinem Fahrradweg drei Rehe und ein Rehbock so still und friedlich, dass Freundlichkeit und Wärme sich in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ja! Wir gehören zusammen! Guten Morgen, guten Morgen, Ihr alle! Als ich einen Hohlweg hinaufradelte, sah ich wie oben vor der hellen Kulisse des sich öffnenden Himmelstores eine Gans-Mama ihre drei jungen Gössel über den Weg führte. Der Gänse-Marsch wurde vom Papa, der hinten ging, überwacht und alles ging gut. Bis ich oben war, raschelten die fünf schon durch die Wiese zum Tümpel.

Ich habe hier, in solcher Morgenschönheit, ALLES! (Außer Handy-Empfang!) Freundlichkeit überall! Drei Frauen bin ich begegnet, die halber sechs schon ihre Gepäckwagen zur Fähre zogen. Sie grüßten mich genau so warm und lachend wie ich sie. Selbst der Landregen, der kurz hernieder ging, war so sanft, dass ein Dach aus Birkenblättern mich ausreichend behütete.

Erstmals besuche ich den Altbessin, eine Landzunge im Bodden, auf der das Wandern nur zu Fuß erlaubt ist. Fast zwei Stunden laufe ich. Die Ostsee lärmt hinter mir am Dornbusch-Kliff. Zwitschernde Stille dennoch. Die Sonne leuchtet, die Vitte-Häuser gegenüber leuchten. Just als ich den Aussichtsturm mit Schutzdach erreicht hatte, fällt Wasser senkrecht vom Himmel auf die riesigen Sandbänke, die ein neues Hiddensee begründen, während der Dornbusch von der Ostsee ständig benagt und verschlungen wird. Ein riesiger Regenbogen spannt sich aus dem Wasser aufs Land. Ein zweiter versucht es, ihm gleich zu tun, verblasst aber bald schon. Hin und wieder hängen später buntfarbene Regenbogen-Stücke in der Luft über der Insel. „Haben Sie Ahnung von Vögeln?“, könnte ich den attraktiven jungen Mann fragen, der kurz nach mir wie aus dem Nichts die Schutzhütte betreten hatte. Er hielt Fernglas und Kamera im Wechsel vor seine Augen, um einzufangen, was das Licht uns zeigen wollte. Ich ließ es sein. Merken würde ich mir ja doch nichts, das wusste ich schon. Und bizarr war die Frage auch, bei meiner Lust am Leben…Als ich zurücklief durch die Wiesen, kreuzten Schmetterlinge meinen Weg wie es Delphine vorm Bug eines Schiffes tun. Kleine himmelblaue und rotbraune Winzlinge mit schwarzen Sprenkeln. Grasnelken leuchteten rosé im weiten Grün, Veilchen und gelbe Unbenannte fingen mein Auge ein. Das Gras streichelte meine nassen Füße beim Gehen. Die Erde war teppichweich bewachsen mit zähen Pflanzenwesen, die die Sonne Jahr für Jahr ausblich.

Wie könnte ich das Leben nicht lieben, wo es doch voller Poesie ist!!!

Veröffentlicht von Eva Luna am